Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (ZI) prognostiziert eine moderate Zunahme der Fallzahlen in der vertragsärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung.
Was ist wichtig:
- Konstant bis leicht ansteigend bleibe die Beanspruchung der hausärztlichen Versorgung.
- Einen deutlichen Anstieg der Fallzahlen wird bei bestimmten Facharztgruppen erwartet, die hauptsächlich an der Behandlung älterer Menschen beteiligt sind, allen voran bei den fachärztlichen Internistinnen und Internisten.
- Dabei spielen auch Verlagerungen aus der stationären Krankenhausbehandlung, mehr Spezialisierung, aber auch mehr fachärztliche Mitbehandlung und fachübergreifende Kooperation eine Rolle, die zu steigenden Patienten- und Fallzahlen führen.
- Vom medizinischen Fortschritt wird erwartet, dass immer mehr ambulante Behandlungen möglich und immer weniger Krankenhausbehandlung notwendig gemacht werden.
- Die Nachfrage bei Fachinternist:innen und Urolog:innen könnte bis 2030 bundesweit um bis zu acht Prozent ansteigen
- In der Augenheilkunde und bei Hals-Nasen-Ohren-Ärzt:innen könnte sich dieser Beanspruchungsindex um bis zu fünf Prozent erhöhen.
- Die Projektion des Versorgungsbedarfs für den Bereich der Psychotherapie (Bevölkerungsprognose und Inanspruchnahmeentwicklung) ergibt einen projizierten Nachfrageanstieg von 23 Prozent bis 2030
Warum ist das wichtig:
Das ZI fordert ein Umdenken ein: Die heute ärztlich überversorgt angesehenen Ballungsräume müssten mit einem zukünftigen Versorgungsmehrbedarf rechnen.
Dr. Annette Rommel, 1. Vorsitzende der KV Thüringen und Fachärztin für Allgemeinmedizin mit eigener Praxis weist auf zwei Punkte hin:
- Mehr Versorgungsbedarf der älter werdenden Bevölkerung,
- weniger verfügbare Arztzeit.
Prof. Dr. Henrik Herrmann, Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein, gibt zu bedenken:
- Aufstockung der Studienplatzkapazitäten in der Humanmedizin bleibe notwendig, (werde aber zu spät wirken)
- Die Dauer der Weiterbildung sollte verringert werden
- Es wird ein klares Konzept für eine multiprofessionelle Versorgung der Patientinnen und Patienten benötigt
- Die verfügbaren Personalkapazitäten könnten dann am effizientesten genutzt werden, wenn die Zusammenarbeit innerhalb der Versorgungseinrichtungen erfolge.
- Künftig müsste dabei auch das Delegationsprinzip so erweitert werden, dass Delegation im Rahmen telemedizinischer Zusammenarbeit erfolgen könne
- Um zu vermeiden, dass die Politik auf immer neue Insellösungen fokussiere, sollte aus den Reihen der Ärzteschaft ein schlüssiges Konzept zum Umgang mit den Herausforderungen vorgelegt werden
Weitere Informationen: https://www.healthpolicy-online.de/news/zi-stellt-projektion-zur-inanspruchnahme-der-vertragsaerztlichen-versorgung-bis-2030-vor
Autor: Peter Salathe