Laut einer Untersuchung der Robert-Bosch-Stiftung wird es in Deutschland im Jahr 2035 voraussichtlich rund 11.000 unbesetzte Hausarztstellen geben. Dies würde dazu führen, dass fast 40 Prozent der Landkreise unterversorgt wären. Das Problem wird durch das zunehmende Alter der Hausärzte verschärft. Im Jahr 2009 waren nur etwa 22 Prozent der Hausärzte über 60 Jahre alt, während es heute bereits über 35 Prozent sind. Besonders auf dem Land gibt es kaum junge Ärzte, die nachrücken.
Geringe Attraktivität für Landleben
Dr. Christoph Specht, ein Arzt und Medizinjournalist, sieht nicht einen Mangel an Ärzten, sondern ein Verteilungsproblem. Die Attraktivität des Lebens auf dem Land ist gering, aufgrund fehlender Infrastruktur, Einkaufsmöglichkeiten und kultureller Angebote. Zudem sind viele junge Ärzte nicht mehr bereit, den anspruchsvollen Job des klassischen Landarztes anzunehmen, der rund um die Uhr erreichbar sein muss. Sie streben eine bessere Work-Life-Balance an, um Zeit für Familie und Freizeit zu haben.
Landarztquote
Um das Problem anzugehen, haben neun Bundesländer bereits eine sogenannte Landarztquote eingeführt. Über diese Quote werden Studienplätze unabhängig von der Abiturnote an Bewerber vergeben, die sich vertraglich dazu verpflichten, später als Landärzte zu arbeiten. Dies soll helfen, mehr junge Ärzte für die Arbeit auf dem Land zu gewinnen.
Frankreichs kreative Lösung gegen den Ärztemangel auf dem Land
In einem abgelegenen Dorf in der Creuse, Frankreich, kämpfte die Gemeinde jahrelang mit einem Ärztemangel, nachdem der einzige Hausarzt in den Ruhestand ging. Dann präsentierte Martial Jardel sein Projekt „Médecins solidaires“ (Solidarische Ärzte): Jede Woche übernimmt ein anderer Arzt aus dem ganzen Land das Ärztezentrum des Dorfes. Dadurch müssen Ärzte sich nicht langfristig an die strukturarme Region binden. Das Projekt hat bereits 2500 Behandlungen durchgeführt und 750 Menschen haben das Zentrum als ihren Hausarzt gewählt. Aufgrund des Erfolgs plant Jardel die Eröffnung weiterer Ärztezentren in der Region und hofft, dass mehr Ärzte sich für eine Woche Dienst an der Allgemeinheit verpflichten, um den Zugang zur ärztlichen Versorgung für Hunderttausende von Menschen zu verbessern.

Autor
Peter Salathe
Peter Salathe hat umfangreiche Erfahrungen im vernetzten Gesundheitswesen gesammelt und ist als Head of Public Affairs Teil des m.Doc-Teams. Er begleitet die Entwicklung und Implementierung intelligenter Health-Services für die m.Doc Smart Health Platform mit der Kommunikation in Richtung Verbände und Politik. Mit seiner Expertise gestaltet er die Zukunft des Gesundheitswesens und schreibt die Beiträge zu dem monatlichen Newsbriefing „Digital Health Affairs“.